Vor 65 Jahren wurde der KZ-Verband Oberösterreich nach der Zwangsauflösung im März 1948 wiedergegründet. In der Bundeszeitschrift des KZ-Verbands, „der neue mahnruf“, erschien 1948 folgender Artikel zur Vereins-Neugründung in Oberösterreich.

Ausschnitt des Artikels im neuen mahnruf zur Vereinsgründung in Oberösterreich

Landesverband Oberösterreich
Der neue Verband in Oberösterreich
Bis über 95 Prozent des alten Mitgliederstandes in vielen Ortsgruppen
Erfolgreiche Intervention für das Konzentrationslager Mauthausen 

Nachdem auch die nach der Auflösung des oberösterreichischen Verbandes ehemals politisch Verfolgter künstlich zusammengestoppelte Arbeitsgemeinschaft ehemaliger Kzler durch den Austritt der SP- und OeVP-Delegierten neuerlich aufgelöst worden war, trat kürzlich eine Delegiertenversammlung in Linz zusammen. Sie wählte ein Proponentenkomitee, das die Aufgabe erhielt, die Organisierung des neuen Landesverbandes ehemaliger Kzler und sonstig politisch Verfolgter durchzuführen. Das Proponentenkomitee sah sich vielen Schwierigkeiten gegenüber. Durch die Beschlagnahme des Vermögens des alten Verbandes mangelte es an jeglichen Geldmitteln. Das Lokal des Verbandes ist bis heute durch den Liquidator besetzt, der mit sturer und feindseliger Genauigkeit darauf achtet, daß weder das Lokal noch die Angestellten des aufgelösten Verbandes, deren Weiterbeschäftigung und Bezahlung durch den Liquidator erfolgt, in keiner Weise für den neuen Verband verwendet werden. Selbst der gewesene Sekretär Kamerad Hinterberger darf in der Amtszeit keinerlei Tätigkeit für den neuen Verband ausüben.

Trotz dieser Schwierigkeiten wurde vom Proponentenkomitee sofort mit einer intensiven Mitgliederwerbung eingesetzt und dieselbe konsequent durchgeführt. Die inzwischen abgehaltenen Bezirksvollversammlungen konnten über ausgezeichnete Erfolge berichten.

So konnte in den Bezirken Steyr, Gmunden und Wels fast die gesamte Mitgliedschaft, und zwar über 90 Prozent des aufgelösten alten KZ-Verbandes wieder erfaßt werden. Auch in den anderen Bezirken trat die überwiegende Mehrheit der alten Mitglieder unserem Verband bei. So in Linz, wo trotz Pressionsversuchen und starker Werbetätigkeit der SP- und OeVP_Verbände fast 70 Prozent der alten Mitglieder erfaßt werden konnten, wobei die Werbetätigkeit dort noch lange nicht abgeschlossen ist.

Die meisten Bezirksgruppen Oberösterreichs haben sich auch bereits konstituiert und ihre neuen Bezirksleitungen gewählt. Eine glänzend besuchte Mitgliederkonferenz des Bezirksverbandes Linz wählte zum Obmann den Kameraden Richard Bernaschek jun., den Sohn des bekannten oberösterreichischen Freiheitskämpfers Richard Bernaschek, der als mutiger Kämpfer und aktiver Antifaschist kurz vor der Befreiung in Mauthausen ermordet wurde und in ganz Oberösterreich als Märtyrer des oberösterreichischen Freiheitskampfes verehrt wird.

Die gleiche Konferenz erhob in einer Resolution an den Landeshauptmann und an das Innenministerium Protest gegen die neonazistischen Umtriebe, die in Oberösterreich, unterstützt durch in- und ausländische Presse und Behörden, immer mehr überhand nehmen. Sie entsandte schließlich eine Delegation zum Landeshauptmann Dr. Gleißner, um gegen die bekanntgewordene Absicht des Ministeriums für Vermögenssicherung zu protestieren, eigenmächtig über das KZ-Lager Mauthausen zu verfügen, dortige Objekte zu veräußern und Veränderungen vorzunehmen. Eine von der Delegation überbrachte Resolution stellte fest, daß die Verfügung über das ehemalige KZ-Lager Mauthausen nur in Einvernahme mit den KZ-Verbänden aller Nationen, die dort gelitten haben, insbesondere der FIAPP, erfolgen dürfe.

Diese Vorsprache hatte einen vollen Erfolg und bewirkte, daß das Ministerium und die oberösterreichische Landesregierung sich gezwungen sahen, den verschiedenen KZ-Verbänden des In- und Auslandes einen entscheidenden Einfluß auf die Verfügungen des ehemaligen KZ-Lager Mauthausen einzuräumen, wodurch eine Verschleppung der Lagerbestände verhindert und eine würdige Ausgestaltung des Lagers gesichert wurde.

Der neue Verband ehemaliger Kzler und sonstig politisch Verfolgter in Oberösterreich hat damit bewiesen, daß er nicht mehr nur karitativen Zwecken dienen will, wie es der bisherige aufgelöste Verband getan hat, sondern vielmehr die Absicht hat, im Sinne des Geistes der Lagerstraße den Kampf gegen Reaktion und Faschismus zu führen und die Interessen der ehemals politisch Verfolgten im politischen Kampf zu verteidigen und zu vertreten. Gerade in Oberösterreich, wo die Neofaschisten durch die Förderung gewisser amerikanischer Stellen von neuem ihre Zeit für gekommen halten, ist ein kraftvoller und einiger Verband zum Schutze der Demokratie notwendig.

H.F.

Quelle: der neue mahnruf, 2/1948