Neue Gedenktafel im Krematorium errichtet
Am Sonntag, 13. Oktober 2024 fand in der Gedenkstätte Mauthausen eine Gedenkkundgebung des KZ-Verband/VdA Oberösterreich anlässlich des 80. Todestags von Vater und Sohn Theodor Rakwetz statt.
BettyRossa und Kapelle begleiteten die würdige Gedenkkundgebung mit Arbeiter- und antifaschistischen Liedern.
Bei der Gedenkkundgebung konnten Vertreter der Russischen Botschaft, des Russischen Kulturinstituts, Memory Austria, die Bundesvorsitzende des KZ-Verband/VdA sowie der Bundesvorsitzende der Jugendfront begrüßt werden.
Die Gedenkkundgebung begann beim Lagertor mit einer Ehrung beim Denkmal für Dimitri Michailowitsch Karbyschew, Held der Sowjetunion, der in der Nacht von 17. auf 18. Februar 1945 im Alter von 65 Jahren im deutsch-faschistischen Konzentrationslager Mauthausen mit Mithäftlingen grausam ermordet wurde.
Der erste Teil der Gedenkrede von Jürgen Enser, stellvertretender Landesvorsitzender, umfasste Leben und Wirken von Vater und Sohn Theodor Rakwetz bis zum faschistischen Überfall auf die UdSSR am 22. Juni 1941. Anschließend zogen die Teilnehmer vom Lagertor über den Appellplatz zum Krematorium, wo die Ehrung bei der neuen, vom KZ-Verband/VdA OÖ errichteten Gedenktafel fortgesetzt wurde. Der zweite Teil der Gedenkrede bei der Gedenktafel im Krematorium umfasste die Stationen vom 22. Juni 1941 bis zu Ihrer Ermordung in Mauthausen. Nach dem faschistischen Überfall auf die Sowjetunion meldeten sich die österreichischen Kommunisten Theodor Rakwetz jun. und sen., die seit Jänner 1941 die sowjetische Staatsbürgerschaft besaßen, zum Einsatz in der Roten Armee. Zusammen mit anderen Österreichern wurden Vater und Sohn zum Fallschirmkundschafter für den Einsatz hinter der Front ausgebildet. Sohn Theodor war mit gerade einmal 18 Jahren der jüngste Österreicher in der Sowjetunion, der als Fallschirmkundschafter diente. Nach dem Absprung hinter den feindlichen Linien gerieten sie in faschistische Gefangenschaft. Vater und Sohn Theodor Rakwetz wurden am 14. Oktober 1944 im KZ-Mauthausen ermordet. Der Kulturattache der Botschaft der Russischen Föderation würdigte Leben und Wirken der beiden österreichischen Kämpfer gegen den Faschismus. Nach Niederlegung von Blumen an der Gedenktafel wurde die Ehrung für Vater und Sohn Theodor Rakwetz mit der Internationale beendet.
Anschließend erfolgte noch im Krematorium die Anbringung eines Erinnerungszeichens für den unbeugsamen Leutnant der Roten Armee, Tikhon Mikhailovich Negirish, der gemeinsam mit 13 weiteren Gefangenen des Blocks 20 am 18. Mai 1944 hingerichtet wurde.
Die Ehrungen in Mauthausen endeten bei der Gedenktafel des KZ-Verband/VdA OÖ an der Klagemauer für die 42 Widerstandskämpfer, davon 33 der Welser Gruppe, die in der letzten Vergasungsaktion am 28. April 1945 ermordet wurden.
Der KZ-Verband/VdA OÖ wird Vater und Sohn Theodor Rakwetz in würdiger Erinnerung behalten.
Dokumentiert: Gedenkrede, gehalten von Jürgen Enser, Stv. Landesvorsitzender
Sie gehörten zum Besten, was die österreichische Arbeiterklasse aufzubieten hatte.
Theodor Rakwetz sen., der Vater, wurde am 14. September 1901 als Sohn eines Eisenbahners in Gaming am Fuße des Ötscher im Bezirk Scheibbs (Niederösterreich) geboren. Nach einer Lehre zum Maler & Anstreicher meldete er sich als Sechzehnjähriger freiwillig für den Einsatz im Ersten Weltkrieg und nahm als Soldat an den letzten Isonzo-Schlachten teil.
Nach dem Zusammenbruch der Habsburger-Herrschaft im November 1918 trat Rakwetz in Gmünd (NÖ) der neu gegründeten österreichischen Volkswehr und der Sozialdemokratischen Partei (SDAP) bei und wurde dort auch von seinen Kameraden zum Soldatenrat gewählt.
Laut seinem Lebenslauf, den er 1940 in Moskau für die Kommunistische Internationale (KomIntern) verfaßte, entwendete er in dieser Funktion Waffen und Munition und stellte sie den Arbeiterräten der Eisenbahnerwerkstätte in Gmünd zur Verfügung.
Im Frühjahr 1919 wurde er und einige seiner Genossen dann bei einem Versuch, zur Verteidigung der Ungarischen Räterepublik illegal über die Grenze zu gelangen, verhaftet. Wegen dem Diebstahl von Armeeeigentum musste Rakwetz schließlich ins Gefängnis. Er saß ein Jahr in der Haftanstalt Stein (nahe Krems an der Donau).
Theodor Rakwetz übersiedelte danach mit seiner Frau Leopoldine nach Linz. 1921 trat er in Linz der Arbeiterwehr bei, 1923 dem Republikanischen Schutzbund. Am 25. Jänner 1925 wurde die junge Arbeiterfamilie erweitert. In Linz wurde Sohn Theodor jun. geboren. Von seinen Eltern wurde der Sohn liebevoll „Teddy“ gerufen.
Der Vater Theodor Rakwetz arbeitete zuerst für eine Baufirma und von 1926 bis 1934 in der sozialdemokratischen Druckerei Gutenberg.
Rakwetz war in der Sozialdemokratischen Partei und im Arbeiter-Feuerbestattungsverein „Die Flamme“ aktiv. Bei der Flamme gehörte er der oö. Landesleitung an und war auch Leiter der Linzer Ortsgruppe.
Weiters engagierte sich Rakwetz sen. bei den Arbeiterturnern bzw. im Wehrsport (der „Wehrsport“ war die informelle Jugendorganisation des Republikanischen Schutzbundes).
Verschiedenen Angaben zufolge nahm Theodor Rakwetz den Rang eines der stellvertretenden Schutzbundkommandanten von Linz ein. Rakwetz betätigte sich im Schutzbund als Ausbildner und nach dem Verbot des Schutzbundes Ende März 1933 in der Herstellung und beim Transport von Waffen.
Am 8. Februar 1934 wirkte er am gemeinsamen Beschluss mit den oö. Schutzbundführern unter Richard Bernaschek mit, bei der nächsten Waffensuche der austrofaschistischen Polizei in Linz Widerstand zu leisten.
In der Nacht zum 12. Februar 1934 organisierte er an maßgeblicher Stelle die Bewaffnung der 80 Schutzbundmänner im Hotel Schiff, der Linzer Parteizentrale der SDAP, hielt vor Ort die Nacht über Bereitschaft, nahm an der Besprechung der Linzer Schutzbundführung ab 6:00 Uhr morgens teil und verteidigte ab 7:00 Uhr das Hotel Schiff mit Waffengewalt.
Nach dem Versagen der sozialdemokratischen Parteiführung und der Niederschlagung der Arbeitererhebung flüchtete Rakwetz Anfang März 1934 zuerst in die Tschechoslowakische Republik (CSR), wo er neben vielen anderen Schutzbündlern der Kommunistischen Partei (KPÖ) beitrat.
Mit dem ersten Schutzbund-Transport fuhr er im April 1934 weiter in die Sowjetunion, wo er in Moskau zuerst in der 7. Städtischen Druckerei „Iskra Revolucii“ („Funke der Revolution“), später dann im Exekutivkomitee der Internationalen Roten Hilfe und in verschiedenen Moskauer Großbetrieben arbeitete.
Seine Frau Leopoldine und sein Sohn Teddy kamen aus Linz nach Moskau nach, wo sie im sogenannten Schutzbundhaus in einer Seitengasse der Gorkistraße (heute: Twerskaja Straße) im Zentrum Moskaus wohnten. Hier lebte die Witwe des hingerichteten Wiener Schutzbundführers Karl Münichreiter in der Nachbarwohnung.
Der junge Teddy Rakwetz war von 1934 bis 1938 im Moskauer Kinderheim Nr. 6 untergebracht. Er besuchte dort zuerst die Karl-Liebknecht-Schule, eine deutschsprachige Mittelschule, später eine russische Mittelschule.
Der Vater studierte bis 1936 an der Kommunistischen Universität der nationalen Minderheiten des Westens (KUNMZ), einer Einrichtung der Kommunistischen Internationale zur Ausbildung von Parteikadern.
Der deutsche konservative Publizist Joseph Eduard Drexel, der gemeinsam mit Theodor Rakwetz sen. im Oktober 1944 einige Tage lang im Lagerarrest des KZ Mauthausen, dem sogenannten „Bunker“, inhaftiert war, berichtet über Rakwetz: „…Rußland war ihm zur zweiten Heimat geworden. Er war weit im Lande herumgekommen und konnte seine Schönheit nicht genug loben, besonders die Krim und Sibirien, das er einmal in einem dienstlichen Auftrag bereist hatte…“
Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion meldeten sich Vater & Sohn Rakwetz, die seit Jänner 1941 die sowjetische Staatsbürgerschaft besaßen, zum Einsatz in der Roten Armee. Zuerst der Vater, im Sommer 1941, und bereits im Oktober desselben Jahres auch der Sohn. Der Jungkommunist war damals erst 16 Jahre alt!
Aufgrund seines jugendlichen Alters wurde Teddy im Winter 1942/43 auf einen politischen Lehrgang an der Parteischule in der Kleinstadt Kuschnarenkowo (nahe Ufa) geschickt. Im Frühjahr 1943, inzwischen gerade 18 geworden, ging es zurück in die Rote Armee.
Zusammen mit anderen Österreichern, unter ihnen auch der Neffe Richard Bernascheks, der Kommunist Hugo Müller aus Linz, wurden beide zu Fallschirmkundschaftern, das heißt für den Einsatz hinter der Front, ausgebildet. Theodor jun. war der jüngste Österreicher in der Sowjetunion, der Fallschirmkundschafter im Kampf gegen den deutschen Faschismus werden sollte.
Der Auftrag von Theodor Rakwetz jun. & sen. war die Erkundung von reichdeutschen Truppentransporten und Industrieverlagerungen. Sie landeten im Mai 1943 jedoch 30 km vor dem vereinbarten Punkt in der Nähe von Berlin und wurden unmittelbar nach der Landung festgenommen.
Es gibt Hinweise, dass zumindest der Vater Rakwetz vorerst in der ostpreußischen Stadt Königsberg (heute: Kaliningrad) festgehalten wurde. Die Gestapo Wien registrierte die beiden schließlich am 22. März 1944. Rakwetz sen. war in der Zelle 6 der Gestapozentrale am Wiener Morzinplatz inhaftiert, gemeinsam mit dem kommunistischen Widerstandskämpfer Josef Sasso.
Sasso berichtete über die besondere Kameradschaftlichkeit des Vater Rakwetz: Sasso wurde zwischen den Gestapoverhören in der Zelle zur Folter mit den Armen rückwärts an das Fenstergitter angekettet. Rakwetz sen. schob ihm damals immer wieder über längere Zeit seine Beine unter, um damit Sassos Körper anzuheben und dessen schmerzende Arme zu entlasten. Außerdem gab Rakwetz auch einen Teil seiner Gefängnissuppe an Sasso ab.
Nach Unterlagen der Gestapo zwang diese Vater & Sohn Rakwetz zu einem so genannten „Funkspiel“ mit der Roten Armee. Das bedeutet, sie hätten den sowjetischen Funkpartnern falsche Angaben im Auftrag der Gestapo liefern sollen. Offenbar versuchte dabei der junge Rakwetz, die sowjetischen Stellen zu warnen. Dieser „Spielverrat“ bedeutete schließlich das Todesurteil für beide.
Sein Vater war bereits am 19. Juli 1944 in das KZ Mauthausen eingeliefert worden, Theodor Rakwetz jun. wurde am 13. Oktober 1944 von der Gestapo Wien dorthin überstellt.
Am 14. Oktober 1944 wurden beide hier im KZ Mauthausen ermordet, der Vater angeblich im „Bunker“. Beim Sohn findet sich in den Unterlagen der KZ-Lagerführung der Eintrag „auf Befehl des Reichsführer SS erhängt“ (Der Reichsführer SS war Heinrich Himmler). Am selben Tag wurde noch ein weiterer Fallschirmkundschafter im KZ Mauthausen ermordet, der deutsche Kommunist Georg Kennerknecht.
Der oben bereits zitierte Joseph Eduard Drexel berichtet aus dem „Bunker“ von Mauthausen, mit welch großem Stolz der Vater immer wieder über seinen Sohn Teddy berichtet hat.
Vater & Sohn Theodor Rakwetz, bei ihrer Ermordung 43 & 19 Jahre alt, waren Kommunisten, unerschütterliche Antifaschisten und Demokraten. Sie gehörten zum Besten, was die österreichische Arbeiterklasse aufzubieten hatte. Sie waren österreichische Patrioten und glühende Internationalisten. Sie kämpften auch in der Sowjetunion für die Freiheit ihrer Heimat Österreich – und sie kämpften bis zum letzten Atemzug für das damalige Vaterland der Werktätigen, die Sowjetunion.
Vater & Sohn Theodor Rakwetz waren antifaschistische Helden, die wir als KZ-Verband immer in ehrender Erinnerung behalten werden!