Durch bauliche Adaptierungen des Gebäudes darf kein Schaden am Gedenkstein gegen Faschismus und Krieg entstehen. Die Polizeibehörde muss rechtsextremen Hitler-Tourismus, NS-Wiederbetätigung und Schändungen des Gedenksteins unterbinden.
Lange Zeit war die weitere Nutzung des Hitler-Geburtshauses in Braunau am Inn ungeklärt. Nun hat Innenminister Wolfgang Peschorn eine Lösung entsprechend den Empfehlungen der interdisziplinären Kommission bekannt gegeben: Das Haus in der Salzburger Vorstadt soll in Zukunft als Kommando der Bezirkspolizei Braunau genutzt werden.
Enteignung war wichtiger Schritt für adäquate Nutzung
„Als überparteilicher und größter Zusammenschluss von WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus hat der KZ-Verband/VdA die Enteignung des Hitler-Geburtshauses durch die Republik Österreich immer begrüßt“, stellt Harald Grünn, oberösterreichischer Landesvorsitzender des KZ-Verbands/VdA, klar. Dieser Schritt war nötig geworden, da die bisherige Eigentümerin in der Diskussion um die Nachnutzung des Hauses alles andere als eine konstruktive Rolle gespielt hatte. So verhinderte sie beispielsweise, dass an der Fassade des Hauses eine Gedenktafel angebracht werden konnte. Bereits in „der neue mahnruf“ von 1984 wurde berichtet, dass die Eigentümerin des Hauses Einspruch beim Bezirksgericht gegen die Anbringung einer Gedenktafel erhob und gewann. Erst 1989 wurde der Mahnstein gegen Krieg und Faschismus unter Bürgermeister Gerhard Skiba am Gehsteig vor dem Hitler-Geburtshaus errichtet. Des Weiteren fungierte das BMI bereits seit den 1970er Jahren als Hauptmieter des Hauses mit der Adresse Salzburger Vorstadt 15 und so war die Republik über viele Jahre hinweg gezwungen, große finanzielle Mittel dafür aufzuwenden.
Dass die Enteignung der Liegenschaft zuletzt auch vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) bestätigt wurde, bildet nun die Grundlage dafür, dass das Haus dem Ort entsprechend adäquat genutzt werden kann.
Behutsamer Umgang mit schwierigem Erbe gefordert
Der KZ-Verband/VdA OÖ ist sich dessen bewusst, dass das Geburtshaus Hitlers mit Orten des Terrors wie Mauthausen oder Hartheim, aber auch mit Orten der Planung der Kriegs- und Vernichtungszüge wie dem Obersalzberg nicht zu vergleichen ist. Denn im Hitler-Geburtshaus war weder ein Gestapo-Folterkeller untergebracht, noch wurden Verbrechen geplant oder Menschen ermordet. Da das Haus vor allem für die Neonazis-Szene eine gewisse Bedeutung und Anziehungskraft hat, wies der KZ-Verband/VdA OÖ stets darauf hin, dass auf keinen Fall die Gefahr bestehen dürfe, dass sich Neonazis in Wohnungen am Geburtsort von Adolf Hitler einnisten. Gleichzeitig betonte der Landesverband Oberösterreich der AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus (KZ-Verband/VdA OÖ) auch immer, dass eine politisch-inhaltliche Nutzung des Hauses durch einen privaten Verein strikt abzulehnen sei (Stichwort: „Hitler sells“), insbesondere betrifft das den Vorschlag eines sogenannten „Hauses der Verantwortung“ im Hitler-Geburtshaus. Denn eine wissenschaftliche Auseinandersetzung zu den Ursachen und Folgen des Faschismus kann und soll nicht auf die Person Hitler reduziert werden. Die Jahre 1938 bis 1945 werden in Österreich nach wie vor nur zu gerne mit dem Wahnwitz von Hitler erklärt und damit verschleiert. Dies verstellt die Perspektive auf die Vorgeschichte, auf größere Zusammenhänge und die ideologischen, ökonomischen und militärpolitischen Hintergründe des März 1938 und der nationalsozialistischen Terrorherrschaft.
KZ-Verband/VdA OÖ zeigt sich mit Lösung zufrieden, aber fordert historische Verantwortung ernst zunehmen
Auch wenn der KZ-Verband/VdA OÖ eine Nutzung der Liegenschaft durch einen Sozialverein – so wie das bis ins Jahr 2011 der Fall war, als die Lebenshilfe das Haus als Tagesheimstätte nutzte – für die adäquateste Lösung gehalten hätte, zeigt man sich zufrieden, dass mit der Nutzung des Gebäudes durch die Bezirkspolizei Braunau die – teilweise haarsträubenden – Vorschläge, die die Debatte um eine Nachnutzung bestimmten, endgültig vom Tisch sind.
„Der KZ-Verband/VdA OÖ fordert alle Verantwortlichen eindringlich dazu auf, dass bei den bevorstehenden Bauarbeiten, die eine Adaptierung des Gebäudes zwangsläufig mit sich bringen, unter keinen Umständen der Mahnstein gegen Faschismus und Krieg in der Salzburger Vorstadt entfernt, beschädigt oder entfremdet werden darf“, so Harald Grünn und betont: „Die Polizeibehörde muss sich – insbesondere, wenn sie dieses Gebäude bezieht – ihrer hohen Verantwortung bewusst sein und rechtsextremen Hitler-Tourismus, NS-Wiederbetätigung und Schändungen des Gedenksteins unter konsequenter Anwendung des NS-Verbotsgesetzes unterbinden.“