Anlässlich des 80. Todestags von Hugo Müller und des 120. Geburtstags von Sepp Teufl fand am Samstag, 23. November 2024 bei der Gedenktafel an der Tabakfabrik eine würdige Gedenkkundgebung des KZ-Verband/VdA Oberösterreich statt.

Die Gedenkveranstaltung wurde von Betty Rossa & Kapelle musikalisch mit Liedern der Arbeiterbewegung und antifaschistischen Liedern begleitet.

Gedenkkundgebung zum 80. Todestag von Hugo Müller und 120. Geburtstag von Sepp Teufl

Der Landesvorsitzende des KZ-Verband/VdA Oberösterreich Harald Grünn konnte dabei zahlreiche Angehörige von Sepp Teufl und Hugo Müller, den Attache vom Generalkonsulat der Russischen Föderation in Salzburg, die KPÖ-Gemeinderätin der Stadt Linz, Gerlinde Grünn, Vertreter der PdA, Jugendfront sowie Roter Fahne begrüßen.

In der ersten Gedenkrede schilderte Jürgen Enser in bewegenden Worten Leben und Kampf von Sepp Teufl, antifaschistischer Widerstandskämpfer, Landesobmann der KPÖ Oberösterreich und Held des Zentralkomitees der KPÖ.

Josef Teufl wurde am 23. November 1904 – manchmal auch mit 24. November angegeben – in Wien als Sohn eines Musiklehrers und einer Krankenschwester geboren. Er besuchte die Volks- und Bürgerschule und absolvierte von 1919 bis 1922 in der Lokomotivfabrik „Krauss“ in Linz eine Lehre als Maschinenschlosser. In den späteren 1920er Jahren arbeitete Sepp Teufl in den Steyr-Werken, wo er mit der revolutionären Arbeiterbewegung in Kontakt kam. Er beteiligte sich an gewerkschaftlichen Kämpfen gegen die Einführung der Akkordarbeit 1929 wurde Teufl Mitglied der KPÖ. Im selben Jahr wechselte Teufl als Schlosser in die Linzer Tabakfabrik, in der auch seine Frau Johanna, die er 1927 geheiratet hatte, als Tabakarbeiterin tätig war. Johanna Teufl brachte ihren Sohn Otto in die Ehe mit, den Sepp bereits kurz später adoptierte. Gemeinsam mit Sepp Teufl sollte sie noch zwei weitere Kinder haben – Ingeborg und Josef. In der Linzer Tabakfabrik engagierte sich Teufl gewerkschaftlich und schon bald wurde er zum Betriebsrat gewählt. Von 1932 bis zum Verbot der Gewerkschaften war er kommunistischer Vertrauensmann der Tabakarbeitergewerkschaft. Er verfügte über gute Kontakte zum linken Flügel der lokalen Sozialdemokratie und bemühte sich um eine Einheitsfront von Sozialdemokraten und Kommunisten im Kampf gegen aufkommenden Faschismus. Sepp Teufl war Mitglied des Touristenverbandes „Naturfreunde“ und der österreichischen „Gesellschaft der Sowjetfreunde“.

Nach dem Verbot der KPÖ im Mai 1933 durch die austrofaschistische Regierung Dollfuß wurde Sepp Teuflauf einer illegalen Konferenz zum Landesobmann der KPÖ Oberösterreich gewählt.

An den Februarkämpfen 1934 in Linz nahm Teufl aktiv beim Linzer Wirtschaftshof teil. Nach dem Kampf organisierte die „Rote Hilfe“ die Unterstützung für die in Haft befindlichen Schutzbündler und ihre betroffenen Familien. In dieser Zeit traten nun viele ehemalige Sozialdemokraten der KPÖ bei, wodurch sich deren Mitgliederzahlen nahezu verzehnfachten.

Nach Flugblattaktionen und Verhaftungen aufgrund seiner politischen Akrivität verlor Teufl seinen Arbeitsplatz in der Tabakfabrik. Zwischen September 1934 und März 1935 hatte er zudem eine sechsmonatige Polizeistrafe wegen „kommunistischer Umtriebe“ und „staatsfeindlicher Handlungen“ abzusitzen. In der Haft war auch einmal der spätere NS-Gauleiter August Eigruber sein Zellengenosse, mit dem er heftig über politische Fragen stritt.

Während der Haft wählte ihn der 12. Parteitag der KPÖ in Prag im September 1934 zum Mitglied ihres Zentralkomitees. Nach weiteren Verhaftungen wurde Sepp Teufl 1936 in das Anhaltelager Wöllersdorf eingewiesen. Das Angebot, in die Schweiz ins Exil zu gehen, lehnte Teufl ab. Für seine Familie war diese Zeit sehr schwierig und Gattin Johanna musste mit ihrer Tätigkeit in der Tabakfabrik allein für das Einkommen sorgen.

Im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich kam Sepp Teufl im Vorfeld des März 1938 aufgrund einer „politischen Amnestie“ erneut für kurze Zeit in Freiheit. Er reorganisierte umgehend die oberösterreichische KPÖ. In der damaligen Landesleitung waren unter anderen Franz Haider und der junge Peter Kammerstätter vertreten. Der Schwerpunkt der KPÖ lag damals bei der Verteidigung der Freiheit und Unabhängigkeit Österreichs und im Aufbau einer österreichischen Volksfront gegen den Faschismus.

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen begann jedoch das Werben der Nazi-Größen um den mittlerweile anerkannten Linzer Arbeiterführer ein. Persönlich wurde Sepp Teufl von einem NS-Funktionär mit den Worten aus der Zelle geholt: „Na, Sepp, jetzt siehst du, dass wir gewonnen haben, jetzt wirst du einen Aufschwung erleben! Unsere Partei ist eine richtige Arbeiterpartei! Wir werden euch zeigen, was wir zu leisten imstande sind, und dann hoffen wir, dass du ein Unsriger wirst.“ Teufl auf die Seite der Nationalsozialisten zu ziehen, wäre ein guter propagandistischer Schachzug gewesen.

Das NS-Regime gab Sepp Teufl auch die Arbeit in der Tabakfabrik zurück. Parallel dazu wurde Teufl aber von der Gestapo streng überwacht. Diese schrieb am 16. August 1939 nach Berlin: „Teufl ist heute noch fanatischer Kommunist, verhält sich zwar momentan zurückgezogen, doch ist im Ernstfall mit seiner Aktivität zu rechnen.“

Sepp Teufl ließ sich vom deutschen Faschismus weder täuschen noch kaufen. Er blieb ein scharfer Gegner der Nationalsozialisten und hielt seiner antifaschistischen Einstellung die Treue. Er betrieb weiterhin illegale Arbeit und war eine beliebte Ansprech- und Auskunftsperson von antifaschistisch und österreich-patriotisch eingestellten Menschen. Teufl richtete für die KPÖ eine illegale Druckerei ein, verfasste und erzeugte selbst Flugblätter und war ab 1940 Vorsitzender der neugebildeten oberösterreichischen KP-Landesleitung – gemeinsam mit Franz Haider, Max Grüll, Franz Haselmaier und Elisabeth Rechka. Wegen politischer Unzuverlässigkeit wurde Sepp Teufl nicht zur Wehrmacht eingezogen und konnte so weiterhin in der Tabakfabrik.

Im Jahr 1944 wurde schließlich durch einen Spitzel die Organisation der KPÖ im oberösterreichischen Zentralraum („Welser Gruppe“) aufgedeckt und eine Verhaftungswelle war die Folge. Obwohl Sepp Teufl geraten wurde zu flüchten, wollte er seine Familie nicht zurücklassen. Er fürchtete, dass sie sonst im Zuge der Sippenhaftung Repressionen zu erwarten hatte. Am 9. September 1944 verhaftete die Gestapo Sepp Teufl bei seinem Haus im Linzer Industriegebiet. An diesem Tag sah er seine Familie – sein jüngster Sohn Josef war erst ein halbes Jahr – zum letzten Mal. Nach langer Ungewissheit erfuhr die Familie erst im Dezember 1944, dass sich Teufl im KZ Mauthausen befand. Insgesamt wurden mit der „Welser Gruppe“ knapp 160 Antifaschistinnen und Antifaschisten verhaftet worden. Etwa hundert Männer kamen ins KZ Mauthausen, andere in Gestapohaft und zahlreiche Frauen ins Linzer Polizeigefängnis in der Kaplanhofstraße. Insgesamt konnte Sepp Teufl fünf Briefe aus dem KZ Mauthausen an seine Familie schreiben. Die Briefe waren trotz der furchtbaren Bedingungen im KZ voller Zuversicht und Sepp Teufl versuchte seine Frau und seine Kinder zu trösten und sie zu ermutigen. Durch seinen Einsatz als Schmiedehelfer außerhalb des Lagers konnte er auch einige illegale Nachrichten abschicken. Am 30. März 1945 schrieb Sepp Teufl in seinem letzten aus dem KZ Mauthausen geschmuggelten Kassiber:

„Wenn die Ereignisse so forteilen wie gerade jetzt, so hoffe ich auf ein recht, recht baldiges Wiedersehen. Wir alle befinden uns hier in Höchstspannung und jeder malt schon die nahe Zukunft in den rosigsten Farben. Meine Rechnung geht jetzt bis 1. Mai.“

Sepp Teufl arbeitete auch im KZ am Aufbau der illegalen antifaschistischen Lagerorganisation mit. Ein Ausbruchsversuch besonders gefährdeter oberösterreichischer Kommunisten scheiterte jedoch im April 1945. Als die baldige Ankunft der Alliierten selbst für die fanatischsten Nationalsozialisten absehbar war, ließ Gauleiter Eigruber durch einen persönlichen Befehl die oberösterreichischen Antifaschisten ermorden. Die alliierten Truppen sollten „keine aufbauwilligen Kräfte“ vorfinden.

In der Nacht vom 28. auf den 29. April 1945 wurden 42 Widerstandskämpfer in der Gaskammer von Mauthausen ermordet – unter ihnen Sepp Teufl. Nur einer, der für die Ermordung vorgesehenen Häftlinge, Richard Dietl, überlebte und legte nach der Befreiung Zeugnis über das Schicksal der im September 1944 verhafteten Oberösterreicher ab. Laut seiner Aussage ahnte Sepp Teufl die Absicht der SS, wollte trotz seiner immer noch relativ guten psychischen und körperlichen Verfassung aber nicht flüchten, sondern bei seinen Kampfgefährten bleiben. Die Aktion in der Nacht vom 28. auf den 29. April 1945 war die letzte Ermordung durch Gas im KZ Mauthausen.

Sepp Teufls Familie musste nach seinem Tod eine schwere Zeit durchleiden. Sie wurden zwar als Hinterbliebene eines NS-Opfers und Widerstandskämpfers anerkannt, trotzdem war ihre soziale Lage nicht einfach. Teufls Gattin Johanna, auch nach Krieg Tabakarbeiterin, verstarb schon 1962 an Herzversagen. Wie ihre Tochter Ingeborg war sie im KZ-Verband/VdA Oberösterreich aktiv.

Noch 1945 wurde in Linz eine Straße im Linzer Stadtteil Bindermichl nach Sepp Teufl benannt. In Mauthausen erinnern seit 2001 im Krematorium eine Gedenktafel an Sepp Teufl und an der Klagemauer eine Gedenktafel für die 42 ermordeten Widerstandskämper. An der Tabakfabrik erinnert seit 2002 eine Gedenktafel an Sepp Teufl und view weitere Arbeiter der Tabakfabrik – Rudolf Kühberger, Heinrich Obermayr, Hugo Müller und Anton Schmelensky, jenen Helden, die im Kampf gegen den Faschismus ihr Leben gaben.

In der zweiten Gedenkrede erinnerte Florian Schwanninger, der auch eine Biographie über Hugo Müller verfasst hat, an das Leben und Wirken Hugo Müllers.

Hugo Müller gehört wie viele andere zu jenen Menschen, die im Kampf für ein freies und demokratisches Österreich ihr Leben ließen – deren Namen aber selbst in ihren Heimatorten kaum über einen kleinen Kreis hinaus bekannt sind.

Hugp Müller wurde am 30. Oktober 1910 in eine Linzer Arbeiterfamilie geboren. Er war als Hilfsarbeiter in der Linzer Tabakfabrik tätig, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und des Schutzbundes. Müllers Mutter Aurelia war eine Schwester des Schutzbundkommandanten von Oberösterreich, Richard Bernaschek. Hugo Müller beteiligte sich am 12. Februar 1934 bei den Kämpfen um den Linzer Wirtschaftshof und wurde dort verhaftet. Er befand sich bis zum 5. März in Haft. Parallel dazu erfolgte die Entlassung aus dem Dienst der Tabakwerke. Vor seinem Gerichtsprozess flüchete der begeisterte Arbeitersportler und Bergsteiger in die Tschechoslowakei und konnte von dort in die Sowjetunion ausreisen. Bereits 1933 hatte er sich der KPÖ angeschlossen.In Moskau absolvierte Hugo Müller eine Lehre als Dreher und war auch als Bergsteiger-Instrukteur im Kaukasus tätig. Seine Freundin Hildegard folgte ihm 1935 aus Linz nach, wo sie am 4. Juli 1936 heirateten.

Im Herbst 1936 ging Hugo Müller als einer der ersten aus Moskau nach Spanien, um in den Internationalen Brigaden die spanische Republik gegen den Faschismus zu verteidigen. In Spanien war Hugo Müller unter dem Decknamen Adolf Fischer u. a. als Kommandant des Spezialbataillons, einer schnellen Eingreiftruppe, der 35. Division tätig – zuletzt im Rang eines Majors.

Nach der Niederlage der spanischen Republik kam Müller im Frühling 1939 zurück nach Moskau. 1940 wurde hier sein Sohn Peter geboren. Müller war nun Bergsteiger-Lehrer im Kaukasus. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion durchlief er eine Ausbildung zum Fallschirmkundschafter bzw. zum Kampf hinter der Front.

Im Sommer 1944 sprang Hugo Müller mit dem Fallschirm mit anderen Österreichern als Mitglied der Kampfgruppe Avantgarde über dem befreiten Gebiet um Crnomelj, im heutigen Slowenien, ab, um an der Befreiung seiner Heimat vom NS-Regime mitzuwirken. Ihr Auftrag war es, Sabotageakte zu verüben, lokale Widerstandszentren zu schaffen und den illegalen KPÖ-Apparat zu reorganisieren.

Am 23. November 1944 kam es in der Ortschaft Rothwein bei St. Oswald ob Eibiswald in der Nähe von Deutschlandsberg (Stmk.) zu einer Gefecht. Die SS überfiel die bei einem Bauern lagernde Gruppe. Dabei wurde Hugo Müller durch Schüsse aus einem MG getötet.

Hugo Müllers Frau Hildegard und sein Sohn Peter kehrten 1946 mit einem sowjetischen Flugzeug nach Linz zurück. Hildegard Müller wurde 1948 als Hinterbliebene eines Opfers des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich anerkannt. Sie war bis zu ihrer Pensionierung in der Linzer Tabakfabrik tätig und arbeitete zusammen mit Inge Ertelt, der Tochter Sepp Teufls.


Mit abschließenden Worten würdigte die Gemeinderätin der KPÖ, Gerlinde Grünn, Hugo Müller und Sepp Teufl und erinnerte an die Bedeutung des Einsatzes für Erinnerungsstätten und -zeichen. Gemeinderätin Gerlinde Grünn kritisierte, dass nach wie vor in Linz keine Erinnerungsstelen für den politischen Widerstand vorgesehen sind.

Anschließend ehrten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Hugo Müller und Sepp Teufl mit Blumenniederlegungen an der Gedenktafel.

Am Ende der Gedenkkundgebung erinnerte der Landesvorsitzende auch an den 80. Jahrestag der Gründung des Ersten Österreichischen Freiheitsbataillons, das am 24. November 1944 auf einer Wiese bei dem slowenischen Dorf Tribuce feierlich gegründet wurde. Das Bataillon legte einen Treueeid ab für den bewaffneten Kampf um die Befreiung Österreichs und für ein unabhängiges, demokratisches Österreich; gleichzeitig galt der Schwur dem gemeinsamen Kampf mit den slowenischen Partisanen gegen den deutschen Hitler-Faschismus und seine Verbündeten. Schon Anfang Jänner 1945 machte das Erste Österreichische Freiheitsbataillon sein Versprechen wahr und trat im Rahmen der jugoslawischen Volksarmee zu einem schweren und opfervollen Kampf gegen die Hitler-Armee und ihre örtlichen faschistischen Helfer an.

Der KZ-Verband/VdA Oberösterreich bedankt sich für die Ehrung von Hugo Müller und Sepp Teufl, auf dass die Erinnerung an den österreichischen antifaschistischen Widerstandskampf wachgehalten werde.