71 Jahre nach der Befreiung Österreichs, 71 Jahre nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus und der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht, 70 Jahre nach dem Ende des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses findet in Linz in repräsentativen Räumen des Landes Oberösterreichs ein internationaler Kongress von Rechtsextremisten statt.
Der sogenannte „Verteidiger Europas“-Kongress hat für den organisierten Rechtsextremismus in Oberösterreich, Österreich und Europa eine zentrale Bedeutung: Mit dieser Veranstaltung sollen die Verbindungen zwischen den rechtsextremen Organisationen gefestigt werden, die Kontakte zu Gleichgesinnten im benachbarten Ausland gestärkt und gleichzeitig auch Oberösterreich als Dreh- und Angelpunkt der extremen Rechten in Position gebracht werden.
Die Wahl der prunkvollen Redoutensäle als Veranstaltungsort soll hierfür eine klare Machtdemonstration darstellen. Sie selbst stellen das Ganze als »Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit« dar, wobei die Veranstaltung klar die Handschrift der Identitären trägt, was auch Titel und Ausrichtung des Kongresses zeigen. In der Beschreibung der Veranstaltung ist von »Massenzuwanderung«, »Bevölkerungstausch« und dem »Erhalt der Vielfalt der europäischen Völker« die Rede – allesamt rhetorische Versatzstücke aus dem ideologischen Arsenal dieser Bewegung. Die »Identitären« stellen in Österreich auch die zentrale Schnittstelle zwischen neonazistischen Gruppen und der parlamentarischen Rechten in Gestalt der FPÖ dar. Sie achten darauf, ihre Vorstellungen mit modern klingenden Vokabeln zu präsentieren und grenzen sich immer wieder rhetorisch vom historischen Faschismus ab, indem sie sich ideologisch auf deren konservativ-reaktionäre Vorgänger verweisen. Der historische Faschismus kam übrigens immer nur mit Hilfe und im Bündnis mit den alten konservativen Eliten und Herrschaftseliten an die Macht, nie und nirgends ohne diese oder gegen diese.
Zwischen dem außerparlamentarischen Rechtsextremismus, den deutschnationalen Burschenschaften wie der Arminia Czernowitz und der FPÖ – allen voran deren Linzer Stadtpartei – passt längst kein Blatt Papier mehr. Ideologisch wie auch organisatorisch sind die Übergänge fließend und viel zu oft auch deckungsgleich. Einer der rechtsextremen Hotspots, der die engen Verbindungen von FPÖ, deutschnationalen Burschenschaften bis hin zu den Identitären verdeutlicht, ist in Linz die „Villa Hagen“ auf der Urfahraner-Seite: In einem Haus vereint sich die deutschnationale Burschenschaft Arminia Czernowitz des Linzer FPÖ-Vizebürgermeisters Detlef Wimmer und die Identitären. Übersehen wir aber auch nicht, dass im Land Oberösterreich es eine Koalition von ÖVP und FPÖ, in der Stadt Linz eine Defakto-Koalition von SPÖ und FPÖ und im Burgenland eine SPÖ-FPÖ Koalition gibt.
Wer an diesem rechtsextremen Kongress nichts Bedenkliches erkennen mag, verdrängt aber auch die Ergebnisse und Erkenntnisse der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, die nach der Befreiung vom Faschismus die engen Verstrickungen von deutschem Finanzkapital und der faschistischen Führung bewiesen. Vergessen wir daher nicht, wessen Geschäft der Faschismus besorgt hat, denn Hitler war kein Betriebsunfall der Geschichte. Die NSDAP wurde vom Monopolkapital mit Millionenbeträgen gefördert und ihr wurde schließlich die Regierungsgewalt in Deutschland 1933 übertragen. Im Interesse des Profits, im Auftrag der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals wurden die Organisationen der Arbeiterbewegung vom Nazi-Faschismus zerschlagen. Sie wüteten unter ihren politischen Gegner und den als „minderwertig“ Angesehenen mit Quälereien, Mord und Massenvernichtung, brachen den Zweiten Weltkrieg vom Zaun mit mehr als 50 Millionen Toten und konnten erst durch die vereinten Anstrengungen der Alliierten, allen voran der Sowjetunion und der Roten Armee, nach jahrelangen gewaltigen, blutigen Schlachten an den Kriegsfronten niedergezwungen werden.
Wer an diesem rechtsextremen Kongress in Linz nichts Bedenkliches erkennen mag, verharmlost dabei – bewusst oder unbewusst – die Gefahr des organisierten Rechtsextremismus und Neofaschismus, vergisst die besondere Verantwortung, die wir in Oberösterreich mit den Gedenkstätten Mauthausen, Ebensee und Hartheim haben und beschmutzt des Andenkens an die oberösterreichischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer, die ihr Leben für Österreichs Freiheit gaben.
Allerdings wer glaubt, dass das Europa der Banken, Konzerne und Generäle ein Bollwerk gegen das Erstarken des Nationalismus und Rechtsextremismus wäre, muss darüber nachdenken, ob denn nicht gerade die EU-Politik des Sozial- und Demokratieabbaus, des Privatisierens öffentlichen Eigentums und der Aufrüstung im großen Stil den Boden für das Aufkommen rechtspopulistischer, rechtsextremer und neofaschistischer Kräfte aufbereitet.
Setzen wir in Linz heute ein starkes und lautes Zeichen gegen Rechtsextremismus und Neofaschismus!
Nie wieder Faschismus!
Nie wieder Krieg!
Redebeitrag von Harald Grünn, Bundesvorsitzender und Landesvorsitzender OÖ des KZ-Verband/VdA auf der Demo „Linz stellt sich quer“ am Samstag, 29.10.2016