Bis zum heutigen Tag darf an der Fassade des Hauses Salzburger Vorstadt 15 in Braunau/Inn keine Gedenktafel angebracht werden. Bereits in „der neue mahnruf“ von 1984 wurde berichtet, dass die Eigentümerin des Hauses Einspruch beim Bezirksgericht gegen die Anbringung einer Gedenktafel erhob und gewann. Erst 1989 wurde der Mahnstein gegen Krieg und Faschismus unter Bürgermeister Gerhard Skiba am Gehsteig vor dem Hitler-Geburtshaus errichtet. Bis Herbst 2011 nutzte die Lebenshilfe das Haus als Tagesheimstätte und Werkstätte für Menschen mit Behinderung.
Richtig ist, dass im Hitler-Geburtshaus weder ein Gestapo-Folterkeller untergebracht war, noch Verbrechen geplant oder Menschen ermordet wurden. Mit Orten des Terrors wie Mauthausen oder Hartheim, aber auch mit Orten der Planung der Kriegs- und Vernichtungszüge wie dem Obersalzberg ist daher das Geburtshaus Hitlers in Braunau nicht zu vergleichen.
Mit den Gedenkstätten Mauthausen, Gusen, Ebensee, Hartheim, Steyr und vielen Anderen in Oberösterreich existieren wichtige Orte der Erinnerung an den faschistischen Terror und dessen Opfer. Zum Teil ging ihrer Einrichtung bzw. würdigen Ausgestaltung ein jahrzehntelanger Kampf durch internationale und nationale Opferverbände voraus. Die finanzielle Absicherung ist zum Teil bis heute prekär. Derzeit müssen diese Gedenkstätten immer wieder aufs neue um ihre finanzielle Ausstattung ringen.
Der KZ-Verband/VdA OÖ steht dem von Andreas Maislinger forcierten Vorschlag eines sogenannten „Hauses der Verantwortung“ mit dem inhaltlichen Schwerpunkt des sogenannten „Totalitarismus“ im Hitler-Geburtshaus (Stichwort: „Hitler sells“), ablehnend gegenüber. Die inhaltliche Nutzung des Hitler-Geburtshauses durch einen privaten Verein lehnen wir ab. Es sollte auch keine Überbewertung des Hitler-Geburtshauses geben, da dies vor allem für die Neonazis-Szene eine gewisse Bedeutung und Anziehungskraft hat. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung zu den Ursachen und Folgen des Faschismus kann und soll nicht auf die Person Hitler reduziert werden. Die Jahre 1938 bis 1945 werden in Österreich nach wie vor nur zu gerne mit dem Wahnwitz von Hitler erklärt und damit verschleiert. Dies verstellt die Perspektive auf die Vorgeschichte, auf größere Zusammenhänge und die ideologischen, ökonomischen und militärpolitischen Hintergründe des März 1938 und der nationalsozialistischen Terrorherrschaft.
Es geht uns neben der Auseinandersetzung um die gesellschaftlichen Ursachen, Bedingungen und Voraussetzungen des Faschismus vor allem auch um die Erinnerung an die WiderstandskämpferInnen und Opfer des NS-Terrors. Das Hitlerhaus ist weder für Ersteres noch für Zweiteres der adäquate Ort. Auf keinen Fall darf aber auch die Gefahr bestehen, dass sich Neonazis in Wohnungen am Geburtsort von Adolf Hiter einnisten.
Da die Eigentümerin in der Diskussion um die adäquate Nutzung des Hauses bislang alles andere als eine konstruktive Rolle spielte, wäre ein Ankauf des Hitler-Geburtshauses durch das Innenministerium wünschenswert. Das BMI fungiert seit den 1970er Jahren als Hauptmieter des Hauses und musste seither bereits große Mittel dafür verwenden. Nach dem Ankauf wäre eine bauliche Adaptierung für die Nutzung durch einen Sozialverein eine adäquate Lösung.
KZ-Verband/VdA OÖ, Landesvorstand, August 2015