Die Verbände ehemaliger WiderstandskämpferInnen, Verfolgter des NS-Regimes und jüngerer AntifaschistInnen, die oberösterreichischen Landesorganisationen des KZ-Verbands/VdA und des Bundes Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, sind über die jüngsten Entgleisungen selbsternannter Corona-Skeptiker in Braunau am
Inn schockiert.


Braunau/Inn. Zu Jahresbeginn demonstrierten Corona-Leugner in vielen Städten Österreichs, so auch in der oberösterreichischen Bezirkshauptstadt Braunau am Inn. Doch in Braunau marschierten diese nicht nur in weißen
Maleranzügen gekleidet und die große Weltverschwörung prophezeiend über den Stadtplatz, sondern sie machten zusätzlich Halt vor dem Geburtshaus Adolf Hitlers. Neben dem Mahnstein gegen Faschismus und Krieg posierten daraufhin rund fünfzig Anhänger für ein gemeinsames Foto. Während einige von ihnen dabei offenbar die rechte Hand in die Höhe reckten, stilisieren sie sich bei ihren obskuren Auftritten wahlweise als die neuen Jüdinnen und Juden, setzen sich mit der von Nazis ermordeten Anne Frank gleich oder ernennen sich selbst zu WiderstandskämpferInnen.


„Die Inszenierung der Corona-Leugner als angeblich politische Verfolgte und den damit einhergehenden verharmlosenden Vergleichen mit den Opfern des NS-Terrorregimes sind nichts anderes als eine Verhöhnung jener Menschen, die tatsächlich unter dem Faschismus verfolgt und ermordet wurden!“, zeigen sich Samuel Puttinger, oberösterreichischer Landesvorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, und Harald Grünn, Vorsitzender des KZ-Verbands/VdA Oberösterreichs, schockiert über den jüngsten Vorfall.


Für die beiden Opferverbände ist es unerträglich, dass nun diejenigen politischen Akteure, die sich nur zu gerne mit Holocaust-Leugnern, Rechtsextremen und Neonazis umgeben, schamlos versuchen die Opfer des NS-Faschismus für ihre Zwecke zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren.


Rechtsextremer Aufwind unter dem Deckmantel der Regierungskritik
Derzeit nimmt der Unmut innerhalb der Bevölkerung gegen die Maßnahmen der türkis-grünen Bundesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie spürbar zu. Unter dem Vorwand einer angeblichen Kritik an den Einschränkungen kommt es dabei aber auch zu einem verstärkten öffentlichen Auftreten von Verschwörungstheoretikern, Corona-Leugnern und Rechtsextremen.

„Diesen Kräften geht es in ihrem Auftreten nicht um eine notwendige Kritik an den dilettantischen Maßnahmen der Regierung, sondern darum, ihr reaktionäres Weltbild in die Öffentlichkeit zu tragen sowie rechtsextreme Vernetzungen voranzutreiben“, kritisiert Harald Grünn die Tatsache, dass die Organisatoren der Demonstrationen gegen die Covid-Maßnahmen einen Schulterschluss zum organisierten Rechtsextremismus bewusst forcieren. So nahm an einer Kundgebung von Corona-Leugnern in Wien auch der Holocaust-Leugner und bekannte Neonazi Gottfried Küssel teil. Darüber hinaus gibt es zahlreiche organisatorische Verbindungen zu den rechtsextremen „Identitären“, deren Nachfolgeorganisationen und zu bekannten Akteuren des bis 2017 aktiven neonazistischen Netzwerks „Europäischen Aktion“ (EA). Letzterer wird von der Staatsanwaltschaft Wien die Vorbereitung zum Hochverrat, NS-Wiederbetätigung und nichts geringeres als der Aufbau einer paramilitärischen Neonazi-Organisation vorgeworfen. „Das Demonstrationsrecht und die Versammlungsfreiheit sind ein hohes demokratiepolitisches Gut, doch wer sich – vielleicht auch aus nachvollziehbarem Unmut – an diesen Aufmärschen der Corona-Leugnern beteiligt, muss sich zumindest den Vorwurf gefallen lassen, gemeinsame Sache mit Rechtsextremisten und Neofaschisten zu machen!“, unterstreicht Samuel Puttinger die Notwendigkeit einer klaren politischen Abgrenzung.


„Dass viele Menschen berechtigte Sorgen und auch reale Zukunftsängste verspüren, ist angesichts der derzeitigen Gesundheits- und wirtschaftlichen Krise mehr als legitim, doch dürfen wir dabei nicht Corona-Leugnern, rechten Demagogen und Verschwörungstheoretikern auf den Leim gehen!“, warnen Grünn und Puttinger abschließend.

gemeinsame Presseaussendung des Landesverbands Oberösterreich der AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus (KZ-Verband/VdA OÖ) und des Bundes Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen Oberösterreich, 5.1.2021